Nach der großen „MeToo“-Bewegung in Amerika aufgrund der Belästigungs- und Vergewaltigungsvorwürfe gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein, äußern sich auch immer mehr und mehr betroffene Frauen in Deutschland. Und durch den ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt hat die Debatte um das Thema Belästigung am Arbeitsplatz neuen Wind aufgenommen. Doch wie systematisch sind diese Strukturen in der Medienwelt?
Die Journalistin Caroline Rosales, die selbst vier Jahre beim Axel-Springer-Verlag gearbeitet hatte, berichtet von mehreren Vorfällen, die sich in ihrer Laufbahn abgespielt haben. Beginnen tun diese oberflächlichen und sexuellen Kriterien schon bei der Bewerbung. Damals musste sie nicht, wie andere Bewerberinnen, ihren Lebenslauf und ihre Texte großartig bewerben, sondern wurde auf ihr Äußeres reduziert. Diese Reduzierung hatte sich auch durch ihre gesamte Laufbahn als Journalistin gezogen. Neben Bemerkungen am Arbeitsplatz oder unangebrachten Mails von Kollegen waren auch Abendessen mit ihrem Chef auf der Tagesordnung gewesen. Im Nachhinein denkt sie ganz anders über diese Vergangenheit nach, aber zum derzeitigen Punkt hätten Angst und Verzweiflung eine große Rolle gespielt, die sie beeinflusst hätten.
Melanie Amann, Journalistin vom „Spiegel“, kennt solche Geschichten von Zeuginnen nur zu gut. Im Falle Julian Reichelts, seien es vor allem langsame Prozesse gewesen, die am Ende für die Betroffenen meist nicht gut ausgegangen sind. Reichelt habe gezielt mit jüngeren Frauen in der „Bild“-Redaktion Affären angefangen. Diese fingen mit ersten Belobigungen der Arbeitsleistung an, verliefen über private Coachings hin zu Abendessen und intimeren Tätigkeiten. Die Opfer hätten wenig Chancen gehabt, sich zu wehren, da Reichelt als oberster in der Hierarchie einen immensen Machteinfluss auf die Frauen ausgeübt hätte. Die „Fuckability“ der Frauen schien das Hauptaugenmerk von Reichelt gewesen. Doch durch die Arbeit vieler Journalisten, unter anderem dem bei Markus Lanz erzählenden Daniel Drepper, konnte dieses System aufgedeckt werden.
Den in Berlin lebenden Kolumnist Hajo Schuhmacher beschäftigt vor allem die Frage, wie systematisch diese Machtstrukturen in der Medienwelt Deutschlands generell ausgenutzt und durch die Chefetagen vertuscht werden. Beim Weltbild von „Bild“ sei es der CEO des Axel-Springer-Verlags Mathias Döpfner gewesen, der zwar Julian Reichelt entlassen hätte, aber diesen immer noch verteidigt. Für Döpfner seien die Opfer keine wahren Opfer, sondern die Affären wären alle einvernehmlich gewesen. Solche Aussagen schockieren Hajo Schuhmacher, denn wieder sehe man hier die Machtstrukturen in der Medienwelt. Daher spricht auch er sich für Aufklärung und Aufrichtigkeit bei den Medienhäusern aus.
Den gesamten Talk findet ihr hier: kurz.zdf.de/QAfS/
Weitere Gäste in der Sendung:
Michael Müller, Politiker
Der scheidende Regierende Bürgermeister von Berlin äußert sich zu den Wahlpannen in seiner Stadt, seinem Wechsel in die Bundespolitik und den Aufgaben der wahrscheinlichen Ampel-Regierung.
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#metoo #bild #julianreichelt
26 сен 2024
