„Wir haben dort nichts Schlechtes getan“, so zitiert Gerhard Wiese, der vor 60 Jahren der jüngste Ankläger im Auschwitz-Prozess war, mit einem Kopfschütteln die Angeklagten. Er hätte sich so sehr gewünscht, dass bei den 22 Angeklagten in diesem Jahrhundertprozess Reue erkennbar gewesen wäre. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, sagt Wiese im Gespräch mit Landtagsvizepräsident Daniel Born.
Ihm war zunächst nicht bewusst, dass dieser Prozess bis heute Bedeutung für sein Leben haben würde, so Wiese. Seit Jahrzehnten im Ruhestand, ist er nach wie vor ein gefragter Zeitzeuge - vor allem für Schulklassen. Für den SPD-Abgeordneten Born ist Wiese ein Mann, der Herausragendes für unsere Demokratie geleistet hat: „Der Auschwitz-Prozess hat nicht nur sein Leben stark beeinflusst - er hat Deutschland für immer verändert. Danach waren Leugnen und Schweigen nicht mehr möglich. Ohne die Erinnerung daran, dass in Auschwitz über eine Million Menschen ermordet wurden, an den Folgen von Zwangsarbeit, Hunger, Krankheiten, Misshandlungen oder den unmenschlichen Lebensbedingungen starben, konnte es kein Lernen für die Zukunft geben“, so Born, der dieser Spezialausgabe der Kurpfalz-Horizonte den Titel „Erinnern für die Zukunft“ gegeben hat.
Mit seinem innovativen Talkformat will Born auch mit der dritten Ausgabe aufzeigen, was Demokratie stark macht: „Die Erinnerung an Gräuel und Deportationen, an Gewaltherrschaft und an diese menschenverachtende Diktatur ist ganz wesentlich für unsere heutige Demokratie, denn sie unterstreicht das Privileg, das wir heute haben: Wir dürfen seit über 70 Jahren in einem freien Land, in einer Demokratie und einem Rechtsstaat leben. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Diese Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit bei uns mögen nicht perfekt sein. Aber sie sind stark und sie orientieren sich an dem Grundsatz, der aus gutem Grund und zum Glück der erste Satz unseres Grundgesetzes geworden ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
„Dass aus Erinnerung Zukunft wächst, ist ein Geschenk, eine Chance und zugleich eine Aufgabe, zu der ich mit den Kurpfalz-Horizonten beitragen möchte“, so der Vizepräsident des Landtags. Großes Interesse dürfte bei der Spezial-Ausgabe der Kurpfalz-Horizonte mit dem einzigen Prozessbeteiligten, der noch vom größten Strafprozess der Nachkriegszeit berichten kann, gegeben sein.
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16 окт 2024