Lieber Herr Pfarrer! Danke für Ihr Video. Vielleicht interessiert Sie die Reaktion einer katholischen Frau nicht so, weil sie ja evangelischer Pfarrer sind wie ich meine. Ich habe über 28 Jahre aktiv in der Kirche mitgewirkt. Einige Ämter inne gehabt und sogar Gottesdienste selber gehalten. Ich habe viel Zeit für Organisation und auch einiges an Geld investiert zusätzlich zu meiner Kirchensteuer und den großzügigen Klingelbeutel-Einwürfen 2x die Woche im Gottesdienst, da ich für Dinge, die ich für Feste mitgebracht habe nie einen Pfennig verlangt habe. Der Kirche fehlt es an Personal und da kommen die Freiwilligen gerade recht. Ich als Frau natürlich gerne gesehen. Aber sobald es darum ging, dass ein Gottesdienstbesucher, der vom Diakon, dem Pfarrer und allen männlichen "Würdenträgern" im Gottesdienst seine Kommunion erhält und nur ich keine Kommunionausteilung vornehmen durfte, obwohl ich vom Bischoff dafür beauftragt bin, war es nicht mehr so weit her mit der Unterstützung. Denn eigentlich, wenn die Würdenträger ehrlich sind, ist ihnen das alles nicht recht. Frauen dürfen das Schweißtuch reichen, am Wegesrand stehen, in der Küche wirbeln und fleißig Kuchen backen und organisieren und arbeiten. Aber sobald es daran geht, Kirche und die Taufe wörtlich zu nehmen und den Auftrag das Wort Gottes zu verkünden aktiv - nicht nur in der Lesung am Ambo, sondern als Leiter einer Feier, da ist es ja wichtig, dass noch ein Unterschied zum ECHTEN Pfarrer besteht. Da darf ein Gottesdienst nicht feierlicher sein als vom echten Pfarrer, der liturgisch wenig Wert auf echte Feierlichkeit legt. Da werden wegen Priestermangel ausländische Pfarrer geholt, die den Leuten in der Predigt in schlechtem Deutsch immer das gleiche (entschuldigen Sie die Wortwahl) Geseier vorkauen ohne Inhalt und Substanz, weil die Feinheiten der Sprache das überhaupt nicht zulassen und die ethische Einstellung in Russland, Polen, Tschechien oder sonst wo ein völlig anderes Verständnis von Frömmigkeit hat. Für die ausländischen Orden ist es eine super Einnahmequelle ihre Pater nach Deutschland zu schicken und das Gehalt einzukassieren. Daher super Sache. Es werden Pfarrverbünde mit 7, 8 Pfarreien von Quadratkilometerweiten Ausmaßen gebildet, an deren Spitze Priester und auch oft Ordensleute gestellt werden, die die "Unternehmensführung" die es für so ein Unterfangen braucht nicht beherrschen. Es ist teilweise eine Zumutung, was in den Kirchen für Predigten gehalten werden. Einfach irgendwas ohne roten Faden mit 20 Wiederholungen nur damit die Zeit voll wird. Und die Krönung war, dass ich keinerlei Bedauern (außer von einem gar nicht direkt betroffenen Amtsträger) erfahren habe, als ich aufhörte. Ich war damals auch familiär in einer sehr schweren Situation und konnte mir von meinem Pfarrer noch süffisante Witze anhören, dass er ja kommt und meine Arbeit macht. Meine tiefe Not und Verzweiflung wurde nicht ernst genommen. Als ich dann noch den wichtigsten Menschen in meinem Leben kennenlernte, der leider den Fehler gemacht hat, vor vielen Jahren die falsche Frau zu heiraten und folglich geschieden ist, musste ich auch noch am eigenen Leib erfahren, dass ich in MEINER Kirche nicht einmal Heiraten darf. Und noch dazu eine Ehebrecherin werde, wenn ich meinen Seelenverwandten, auf den ich so lange warten musste, nicht ziehen lasse. Mein Mann ist evangelisch und da ich mich mit dem evangelischen Gottesdienst nicht so identifizieren kann, wie ich das mit dem katholischen tue, war das schon ein herber Schlag. Ich kenne mehrere Wiederverheiratete die ihr Leben lang daran zu tragen haben, dass man sie unterschwellig gar nicht will, sie eigentlich nicht mal zur Kommunion gehen dürfen etc... Ist es denn nicht auch vielleicht Gottes Wille, dass ein Mensch die Erfahrung machen muss, dass etwas schief geht und sich der Lebensplan auf ungeraden Wegen schlängelt? Darf man nach einem Fehler, den man nicht hat kommen sehen, sein Leben nach solchen sicher nicht schönen Erlebnissen irgendwann wieder glücklich weiter lebe? Ist es richtig, dass weltliche Ordnungshüter Menschen auch noch für den Fehler stigmatisieren und sonderbehandeln? Pädophile Priester erhalten neue Arbeitsgebiete in der Seelsorge bei Menschen die nicht ahnen, dass sie ihre Kinder lieber nicht allein mit dem Pfarrer lassen sollten. Da ging das Vergeben und vergessen viel leichter obwohl Menschenleben zerstört und unwiderrufliche Traumata entstehen. Der geschiedene heiratswillige wird ausgegrenzt und soll dafür sein Leben lang büßen, obwohl Gott die Liebe ist, und der Mensch jemand liebt so lange es für ihn menschenmöglich ist? Alle Menschen streben nach Glück und Heil. Warum können andere Menschen diese von etwas ausschließen. Seien es jetzt geschiedene, homosexuelle Paare? Ich denke also, dass die 4:45 die sie investiert haben, um Heiden die Geld sparen wollen, mit ihrem Kirchenaustritt in den Allerwertesten zu treten, recht einseitig betrachtet ist. Das einzig Gute, was die Menschen, die einfach austreten, weil sie Geld sparen, und keinen Bezug zur Kirche haben ist, dass die Wunden, die Erlebnisse wie meine reißen, nicht entstehen. Dafür sind diese Menschen sehr zu beneiden. Es gibt Menschen die zahlen mehrere 1000 € Kirchensteuer nur weil sie deutsche Christen sind und sollen dann auch noch zusätzlich in Kirchen Eintritt zahlen, den Klingelbeutel bestücken und Kirchgeld zahlen. Ist Luther nicht damals auch ausgetreten, weil er den Ablasshandel und die vielen anderen Abwege der Urkirche angeprangert hat? Demnach befinde ich mich vielleicht doch nicht in so schlechter Gesellschaft mit meinem Kirchenaustritt. Denn das was heute immer noch stattfindet in den Kirchen sei es evangelisch oder katholisch ist in meinen Augen nicht viel anders - eher noch professioneller als damals. Dass Richter entscheiden, dass man nicht aus der Zahlgemeinschaft alleine sondern auch aus der Konfession austritt, wenn man die Kirchensteuer abmeldet ist ein Akt der monetären Abhängigkeit. Alleine wenn man das ganze aus monetärer Sicht betrachtet macht das alles einen Sinn. Ist es denn nicht auch sehr eigenartig, dass man seinen Austritt im Amt vor dem Staat vollzieht, 35 € zahlt und eine Bestätigung erhält und danach ein Standardschreiben mit den Konsequenzen die der Austritt haben wird von der Kirche erhält? Wäre es nicht sinnvoll, wenn man direkt zum Pfarrer geht und den Austritt dort bespricht? Und da seid ihr evangelischen noch schlimmer als "wir" katholischen. Ich bin am 6.12. am Tag des hl. Nikolaus aus meiner römisch katholischen Kirche ausgetreten. Ich bin römisch katholisch und gläubig in meinem Sinne und das kann ein unterzeichnetes Blatt, auf dem "Austritt aus der Körperschaft...." steht nicht auslöschen. Vielleicht in der weltlichen Institution aber nicht vor dem der eigentlich das Sagen haben müsste. Wusste Jesus eigentlich was eine Körperschaft ist? Ich bin getauft und von der weltlichen Kirche tief enttäuscht. Das ist alles. Und ich spare jährlich nun eine Menge Geld zusammen mit meinem zukünftigen Mann, den ich standesamtlich heiraten werde. Es ist also alles nicht so, wie mein ureigenster Lebensplan aussah. Die Lesung zum Tag des hl. St. Nikolaus passt meiner Meinung sehr gut: Jes 29, 17 Lesung aus dem Buch Jesaja Nur noch kurze Zeit, dann verwandelt sich der Libanon in einen Garten, und der Garten wird zu einem Wald. An jenem Tag hören alle, die taub sind, sogar Worte, die nur geschrieben sind, und die Augen der Blinden sehen selbst im Dunkeln und Finstern. Die Erniedrigten freuen sich wieder über den Herrn, und die Armen jubeln über den Heiligen Israels. Denn der Unterdrücker ist nicht mehr da, der Schurke ist erledigt, ausgerottet sind alle, die Böses tun wollen, die andere als Verbrecher verleumden, die dem Richter, der am Tor sitzt, Fallen stellen und den Unschuldigen um sein Recht bringen mit haltlosen Gründen. **** Als Mitarbeiter des Apparats haben Sie keine andere Wahl als das Beste daraus zu machen und vielleicht sind Sie in Ihrer Gemeinde ein guter Pfarrer, was ich den Menschen dort und auch Ihnen selber wünsche. Wer mit Christi Liebe liebt, der will die Menschen für Gott und nicht für sich. Dies ist zugleich der sicherste Weg, um sie auf ewig zu besitzen. (Edith Stein)
... ich glaube, dass Sie die Botschaft von Herrn Knapp nicht verstanden haben, aber an Ihrem Kommentar sehe ich, dass Ihr Herz und Verstand Defizite spüren - vielleicht liegt es daran, dass die katholische Auslegung Ihnen nicht mehr reicht - unabhängiger und mit Gott direkter verbunden wäre da schon der evangelische Ansatz
Ihre seelische Not, die Sie zum Austritt bewogen hat, ist in den allermeisten Dingen, die Sie hier angesprochen haben, sehr gut verständlich und für jemanden, der die römisch-katholische Kirche in Deutschland von innen kennt, auch sehr gut nachvollziehbar. Vieles von dem, was Ihre Enttäuschung über die Institution Kirche, besonders im speziellen Fall dieser Einrichtung in Deutschland, hat wachsen lassen und schließlich Ihren Austritt nach sich zog, kann man mit Fug und Recht als ein zutreffendes Sittengemälde der römischen Kirche im Deutschland der Gegenwart beschreiben. Allerdings halte ich Ihre Gleichsetzung von Ablasshandel und Kirchensteuer für polemisch und wenig zielführend: - Der Ablasshandel war am Beginn des 16. Jahrhunderts in Zeiten des sinkenden Einflusses der römischen Kirche (aufgrund des Aufstiegs und Anwachsens der in Städten lebenden Stände der Bürger und Handwerker) nicht zuvorderst eine zentrale Einnahmequelle für den Heiligen Stuhl, sondern vielmehr eines von vielen Symptomen des dramatischen Niedergangs der römischen Kirche und ihres Einflusses im Heiligen Römischen Reich, dessen Bischöfe und Priester sowie vor allem Äbte und Mönche aufgrund der infolge der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern steigenden Alphabetisierung in Adel und Bürgerschaft ihr Deutungsmonopol in Theologie, Philosophie und Politik verloren. - Und natürlich konnte Martin Luther auch nicht aus der römischen Kirche austreten; zu Körperschaften des öffentlichen Rechts wurde sie ja schließlich erst im Zuge der Säkularisation, ergo erst mit dem Ende des vormodernen Ständestaates und der Geburt des modernen Staates. - Und festgeschrieben wurde dies im Falle der römisch-katholischen Kirche abschließend sogar erst im Konkordat in den 1930er Jahren. Und da liegt im Falle der Bundesrepubliken Deutschland und Österreich auch die Krux dieses Systems der engen Verschränkung von teils in vormoderner Gesellschaftsmoral verhafteter Kirche und dem modernen Staat: die zunächst von den säkularisierten monarchischen deutschen Staaten Anfang des 19. Jahrhunderts eingeforderte Aufgabe jeder Beteiligung der Kirchen an der politischen Macht machte angesichts des immensen Kirchenvermögens, das die deutschen Fürsten analog zur Aufhebung der Klöster und Domkapitelle (in den damals protestantisch gewordenen Territorien) während der Reformation nun für ihre Staaten beanspruchten, mittel- und langfristig einen Interessenausgleich mit den Kirchen nötig. Und der moderne bürokratische Staat verfiel auf die Idee, die Kirchen in Gestalt von öffentlichen Körperschaften zu einer Art „Behörde“ mit Sonderrechten umzuformen, um sie auf diese Weise in ihren Staatsapparat zu integrieren und ein für allemal als eigenständigen politischen Machtfaktor auszuschalten; was im Übrigen bis auf den heutigen Tag recht gut funktioniert und nur im Falle des Kulturkampfes in den 1880er Jahren eine letzte offene Auseinandersetzung zwischen vormoderner Kirche und modernem preußischen Staat provoziert hat, damals waren die Interessenskonflikte allerdings noch nicht restlos beseitigt. Das sollte ja bekanntlich der Hitler-Regierung in Zusammenarbeit mit Nuntius Pacelli gelingen. Bitte machen Sie sich das klar, wenn Sie - wenngleich zu Recht - das Klagelied über fehlende Spiritualität oder über nicht existente intellektuell-theologische Tiefe in Predigten oder über die Zunahme eines immer stärker werden Bürokratismus bei gleichzeitiger Abnahme von befähigtem Personal anstimmen. Es ist zu weiten Teilen gerade der moderne Staat, dessen Werte wir gleichzeitig in den Kirchen teils vermissen, der diese Institutionen in Deutschland erst zu dem gemacht hat, was sie heute sind. Dieses Paradoxon muss man aushalten! Und es ist die Krise unserer modernen Staatlichkeit und Gesellschaftsordnung, die sich nicht zuletzt in schlecht ausgebildetem Spitzenpolitikern mit gefälschten Doktortiteln oder beschönigten Lebensläufen, mit fehlender Befähigung für‘s Amt, oder schlicht und ergreifend in der Beihilfe zum Steuerbetrug für Großbanken niederschlägt, welche sich im Kleinen und Lokalen, aber auch im Großen und auf nationaler Ebene ebenso in der Institution Kirche abspielt, die doch integraler Teil dieser Staats- und Gesellschaftsordnung ist, wie es eben aus der Zeit und Staatsordnung der deutschen Monarchien des 19. Jahrhunderts auf unsere gegenwärtige Republik übergekommen ist. Und dies gilt ebenso für das heiße Eisen des sexuellen Missbrauchs, der ohne die moderne Staatlichkeit niemals dieses Ausmaß hätte erreichen können, den er heute hat. Nicht umsonst blüht z.B. die illegale Kinderpornographie im Internet ausgerechnet in dem Land „am besten“, wo all die schönen digitalen Weltkonzerne ihr Zuhause haben. Eine spirituelle Erneuerung der Kirche kann in den starren staatlichen und durchbürokratisierten Strukturen von heute nur schwer gedeihen. Ausgehen muss sie vielmehr von den Gläubigen selbst, die sich wieder mehr darüber bewusst werden müssen, wessen Staat und Gesellschaft, aber vor allen Dingen wessen Glaubensgemeinschaft es eigentlich ist, auf die es ankommt: nämlich diejenige, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind!
@Hexe Müller - Ich bin erstaunt, wie viel Sie geschrieben haben! Verstehen kann ich Sie, teile aber nicht Ihre Schlussfolgerungen. Nach meiner Meinung haben Sie sich irgendwie an Kirche verhoben, sind zu dicht drangewesen. Eugen Drewermann ist zuzustimmen, wenn er sagt: Man kann sich am Religiösen vergiften, wenn man zu nah dran ist! - Ich bin viererlei: Ein Viertel katholisch, ein Viertel evangelisch, ein Viertel jüdisch und ein Viertel überkonfessionell. Ich lasse mir von niemandem mehr etwas vorschreiben, denke selber und halte mich von kirchlichen Einrichtungen und Gemeinden zurück. Denn auch meine Erfahrungen aus der Vergangenheit mit konkreter Kirche sind nicht immer die Besten gewesen. - Aus der Kirche austreten möchte ich nicht. Es "menschelt" zwar immer in den Kirchen, aber wodurch sollten sie denn ersetzt werden? Im Grunde genommen ist es gut, dass es sie noch gibt. Sie stellen ja auch die Möglichkeit der Rückbindung ans Ursprüngliche des Religiösen her oder versuchen es doch wenigstens! - Ihnen alles Gute. A. Simon
Warum treten Sie als Pastor aus der Kirche aus, weil Andere aus der Kirche ausgetreten sind und ihre Kirchensteuer nicht mehr zahlen wollen, die Sie jetzt auch nicht mehr zahlen wollen? Das ist wie einen Trinker kritisieren und deswegen selbst mit dem Trinken anfangen. Das ist doch wirklich ein ganz blöder Grund zum Ausschlachten für die Deutschen Komiker!
