Interpret: Elias Praxmarer an der Gebrüder Link - Orgel (1910) in der Pauluskirche Ulm
Tonaufnahme/Audiomix: Stefan Laube
Video/Schnitt: Harry Triendl - kunst4live
Großen Dank gilt Philip Hartmann, der die Aufnahme an dieser besonderen Orgel erst ermöglichte.
00:14 - Introduzione: wehmütige und fragende Klänge
07:06 - Thema (fis-Moll)
08:44 - Variation I (fis-Moll): Thema wird wiederholt, umspielt und verziert
10:27 - Variation II (fis-Moll): scherzhafter Charakter, Thema wird noch weiter ausgeziert, sodass es nur noch stellenweise zu erkennen ist
12:02 - Variation III (d-Moll): völlig andere Stimmung, kaum thematisches Material, meist einstimmige Figuren auf drei verschiedenen Klangebenen
13:17 - Variation IV (fis-Moll): Takte 3 und 8 des Themas werden in immer neuen harmonischen Formen und Wendungen formuliert
15:57 - Variation V (fis-Moll): Anfang und Ende des Themas in langen Noten im Pedal, dazu virtuose Sechstolen in allen Manualen
18:12 - Variation VI (a-/d-Moll): ganz neues Motiv und völlig andere Stimmung (Verlorenheit, Zerrissenheit), in der Mitte dramatischer Ausbruch ins Fortissimo, anschließend Reprise und Modulation nach d-Moll
21:45 - Variation VII (d-Moll): sehr streng wirkende, auf 3 Klangebenen verteilte Variation über einer Basslinie, das Thema tritt nie in den Vordergrund
23:09 - Variation VIII (d-/fis-Moll): modulierende Variation, wuchtige Akkorde in den Manualen, dazu das Thema in gleichbleibenden Notenwerten im Pedal
23:47 - Variation IX (d-Moll): wie improvisiert, Klang-gewaltige dramatische Läufe und Akkorde bis zum Höhepunkt
25:15 - Variation X (f-/fis-Moll): plötzlich ermattete Stimmung, „graue Klänge“ - ähnlich einem Garten mit farblosen Blumen
26:53 - Variation XI (G-Dur): ätherische Idylle in Dur, schwebende Klänge wie aus weiter Ferne
29:23 - Variation XII (fis-Moll): Thema wird umspielt und verziert, letzte aufbrausende Akkordbrechungen und Läufe, am Ende die Schlussfloskel des Themas im Tutti
31:50 - Variation XIII (fis-Moll/Dur): verklärter und ruhiger Nachklang des Themas mit Motiven der Takte 3 und 6, endgültiger, friedlicher Abschluss
34:03 - Fuge (fis-Moll): Mit mehreren Engführungen des Themas und immer steigender Dynamik im zweiten Teil steuert Reger zielsicher auf den fulminanten Schluss zu, in dem sich alle Anstrengungen der Variationen und angestauten Stimmungen und Empfindungen entladen können.
Mit den „Variationen und Fuge über ein Originalthema“ op. 73 schrieb Max Reger im Jahre 1903 in Berchtesgaden eines der großartigsten Variationswerke überhaupt, welches nicht nur in seinem Schaffen, sondern in der gesamten Orgelliteratur einen besonderen Stellenwert einnimmt.
Nicht im Titel angegeben, beginnt die Komposition mit einer Introduzione. In ihr erschafft Reger bereits die Atmosphäre der Ungewissheit und Resignation. Ihr folgen 13 Variationen voller Kontraste zwischen explosiver Dramatik und introvertiertestem, „gesungenen“ Monolog -mit allen möglichen Zwischenstufen und Schattierungen. Die abschließende Fuge bringt schließlich Ordnung in die von expressiver Zerrissenheit geprägte Klangwelt der Variationen.
Die "fis-Moll-Variationen" zählen zu den Orgelwerken, welche sich den ZuhörerInnen nicht unmittelbar offenbaren. Prof. Dr. h.c. Christoph Bossert spricht in Zusammenhang mit dem Werk über „inszenierte Desorientierung“:
[…] Sie hören also nun dieses Werk, das den Titel “Variationen und Fuge über ein Originalthema” trägt. Sie gehen völlig zurecht von der Annahme aus, dass das Originalthema zu Beginn des Werkes vorgestellt wird. Auch wenn dieses Originalthema äußerst kleingliedrig daher kommt, schöpfen Sie noch keinen Verdacht, denn Sie trauen Reger durchaus zu, dass er Ihnen eben hier etwas als Thema ausgibt, das sich recht bald dem Erinnerungsvermögen entzieht und sich somit als Thema eigentlich nicht eignet. Nun mehren sich aber die Zweifel. Dies ist der Moment, in dem Sie, wie auch das übrige Publikum unruhig werden, man sich flüsternd austauscht, mit den Achseln zu zucken beginnt, weil man keinen Faden mehr erkennen kann. […]
2 янв 2023
