Vielen Dank für die tollen Videos! Ich würde mich über deine Meinung freuen, denn es scheint mir, dass die Stoiker die Idee des universellen Determinismus verwenden, um ihren Lehre mehr Bedeutung und eine gewisse Mystik zu verleihen, ohne die sie der des Aristoteles fast identisch wäre. Ist die Handlung das Ergebnis aus äußerem Reiz und Charakter, und sowohl äußerer Reiz und Handlung bereits vorgeschrieben sind, kann der Charakter nicht variabel sein. Vielleicht übersehe ich auch etwas, aber wenn es bereits vorherbestimmt ist, dass beispielsweise nach dem Weltenbrand im nächsten Zyklus derselbe Sokrates mit derselben inneren Beschaffenheit wieder dieselbe Rolle im Weltgeschehen einnimmt, dann scheint das Bild mit der Walze, indem die Form den Charakter symbolisiert und der ausschlaggebend für Reaktion auf den vorbestimmten äußeren Reiz, also die Handlung ist, diese aber ebenfalls vorbestimmt ist, damit hinfällig. Das Bild mit dem Hund am Wagen passt deutlich besser, zeigt aber auch den begrenzten Raum in dem die stoische Philosophie wirksam ist. Für mir klingt es nach dem offensichtlich sehr alten Trick, widersprüchliche Aussagen mit Pathos vorzutragen um bei Anderen Hoffnung auf höher geordneten Wissens zu erzeugen. Was meinst du :) ?
Es gibt zwar Gemeinsamkeiten zwischen Aristoteles und den Stoikern (v.a. die mittleren Stoiker Panaitios von Rhodos und Poseidonios aus Apameia haben platonische und aristotelische Elemente in ihre Lehre integriert), in vielen Punkten (Seelenlehre, Erkenntnistheorie, Handlungstheorie, v.a. Ethik) unterscheiden sie sich jedoch ganz erheblich. Eine Gegenüberstellung der beiden Positionen kann ich hier im Kommentarbereich nicht liefern, zu Aristoteles gibt es aber eine ganze Reihe auf meinem Kanal (Aristoteles ru-vid.com/group/PLeL4GHcX1Xq0tiUtg-NFn3V8x0KMHW9UK) und zur stoischen Ethik kommen noch 2 Videos (im nächsten Video gehe ich u.a. explizit auf einen Unterschied zu Aristoteles ein). Philosophische Positionen entwickeln sich übrigens häufig in Abgrenzung und als Erweiterung zu vorangegangenen Positionen (Hegel nennt dieses Phänomen Dialektik). Ich halte es auch für schwierig, einen universellen Determinismus mit einer Verantwortung (und damit Freiheit) bei der Charakterbildung zu vereinbaren. Hierfür wurden die Stoiker schon zu Lebzeiten kritisiert. Von einer Art „Trick“ würde ich persönlich bei einem so ausgearbeiteten System wie der Stoa jedoch nicht sprechen 🙂.
Eine unklarheit/Frage ; wenn doch aber alles determiniert ist, dann ist es doch auch unser charakter oder irre ich mich? wenn nun unser charakter determiniert ist ist auch unsere handlung, folglich sind wir unfrei.
Mit diesem Einwand wurden die Stoiker auch damals schon konfrontiert. Ich sehe es wie du: Wenn man einen universellen Determinismus vertritt, kann normalerweise auch die Charakterbildung nicht frei sein und damit ist letztendlich auch das individuelle Handeln determiniert.
