Gasser über "Heart of Darkness": Ein erneuter Höhepunkt seiner Vortragskunst. 'Absolut' mitreißend. Heute mal etwas Allgemeines für alle Mithörer von "Literatur ist alles", die ebenso begeistert sind wie ich oder es vielleicht noch werden. Ich schätze viele Literaturwissenschaftler und -kritiker, u.a. H.D. Gelfert und Richard P. Blackmur, und so einige von ihnen sind differenzierter, subtiler, präziser in der Wortwahl etc. etc. als die erfolgreichen 'Belletristen' der Massenkultur, die sich beklatschen lassen, obwohl sie nur Mittelmaß abliefern und nie darüber hinauskommen werden. Das Außergewöhnliche an Markus Gasser in der aktuellen Literaturlandschaft ist, dass er wie kein anderer 'im Herz' der Literatur ist, sich darin BEWEGT wie kein anderer. Wenn man genau zuhört, wird man in keinem Satz, in keinem Wort den Pesthauch einer Ideologie spüren. Nicht mal unterschwellig gibt es irgendeine Art von Verkrampfung oder irgendeine Art von starrer 'Lehre', die er uns aufdrücken will. Ihm ist es auch scheißegal, ob ihn andere Kollegen oder Hörer mögen oder nicht. Das spürt man. Er ist unbestechlich. Und genau das macht ihn - für mich - äußerst sympathisch und zu einem echten Chataktertyp. Wenn er uns etwas 'lehrt' und uns dies mit suggestiver Vehemenz vorträgt - nicht zu verwechseln mit Manipulation oder Marktgeschrei! -, kommt es aus dem jeweiligen Werk, das er uns vorstellt, HERAUS - es wird nicht von außen hinein getragen. Beflügelt von einem immensen Fundus an Bildung und der Gabe, 'Bezüge' herstellen zu können (>> keine Aneinanderreihung von toten Abstrakta), wird Literatur mit ihm LEBENDIG. Seine Bildung steht ihm nicht im Weg, er ist - immer wieder - fähig zur 'restlosen' Begeisterung; Geist und Sinne sind nicht im Zwiespalt. Er lässt sich auch körperlich erschüttern von Literatur. Wer das nicht selbst kennt, erfahren hat, 'liest' nur. Literatur - wenn sie über WIRKUNGskraft verfügt jenseits aller Klischees und allem Altbekanntem - ist oder: KANN existentiell erschütternd sein. Und zwar nachhaltig, für immer. In diesem Sinne glaube ich - und hoffe es! -, dass Markus Gasser einer der wenigen sein wird, dessen 'Kultur' im vielbeschworenen "digitalen Zeitalter" überleben wird, wenn eines Tages der ganze Dreck, mit dem wir täglich konfrontiert werden, weggespült worden ist.
Sehr geehrter Herr Gasser, das war der großartigste Vortrag, den ich je gehört habe. Zufällig habe ich mir das Buch "Herz der Finsternis" kürzlich gekauft, mich nur noch nicht getraut es zu lesen, weil mir als Historikerin bestens bekannt ist, was damals im Kongo passiert ist. Gestern Nacht habe ich den Roman ohne Unterbrechung durch gelesen. Einfach großartig. Mit herzlichen Grüßen aus Berlin Susanne Wölfle-Fischer
Guten Tag Frau Wölfle-Fischer, Das ist aber ein Ding! Ich bin Kollege aus der Zunft, sozusagen, ausgebildeter Historiker an der TU Darmstadt von 2010 bis 2013 und habe mal aus Ihrem Buch (Junius Frey) für eine Hausarbeit zitiert :) Sachen gibt's 😅 Gruß aus Frankfurt am Main
Das ist ja ein Zufall! Über den Juden Junius Frey habe ich vor vielen Jahren meine Doktorarbeit geschrieben. Viele Grüße nach Frankfurt@@adayinthelifeofanorthkorea
Herr Gasser, mir brennt eine Frage auf der Seele; eigentlich sind es zwei. Sie hatten unter einem Video geschrieben, dass Sie zu Ihrer Arbeitsweise Post-its, Blöcke/Hefte verwenden, und ins Buch schreiben. Sie würden mir ungemein weiterhelfen, wenn Sie das ausführen könnten ... Wenn Sie eine Randbemerkung machen oder auf ein Post-it schreiben, was genau schreiben Sie denn auf ein Post-it? Wie sieht eine typische Randbemerkung aus? Und die Hefte (dies für mich am wichtigsten), was machen Sie danach mit ihnen? Wegschmeißen? Verwenden Sie sie nur, um gedanklich zusammenzufassen? Vielen herzlichen Dank!
Auf ein Post-It kommen Figurennamen und Anmerkungen meinerseits zu einer bestimmten Passage, die Hefte (Cahiers) dienen einerseits der Entwicklung eines neues Features und eines neuen Buches, weggeschmissen wird da nie was
"Selbst unser ich bildet sich auch aus der Summe gelesener Bücher, deren Autoren zu unseren Freunden werden". Viel besser kann man den Wert von Literatur nicht ausdrücken. Es geht beim Lesen von Büchern nicht nur darum unterhalten zu werden, sondern man erfährt durch die verschiedenen Sichtweisen der Autoren, die Welt und die Menschen in all ihren Ausprägungen kennen und wird dadurch als Leser gefordert und sein Ich wird berührt und verändert.
Lieber Herr Gasser, als Fan Ihres Kanals möchte ich Sie fragen, ob ich Ihnen "Der Erschossene Storch" des deutsch-jüdischen Autors Karl Ettlinger aus dem Jahre 1930 - selbstredend kostenfrei - zuschicken darf. Ich habe dieses Werk selbst neu veröffentlicht, da ich es für außergewöhnliche Literatur halte. Wenn Sie Interesse haben, lassen Sie es mich wissen.
Ich kann dazu das mehrfach preisgekrönte Buch von David van Reybrouck, welches den belgischen Kolonialismus im Kongo und die weitere Entwicklung des Staates bis heute nachzeichnet, empfehlen: Kongo. Eine Geschichte.
Wahnsinns-Video Herr Gasser. Danke dass Sie Ihre Weltsicht und Ihre höchst gebildete Sicht auf die Literatur mit uns teilen! Können Sie mal etwas über Ihre 5 beliebtesten Romanfiguren machen?
Ich finde den gerade beendeten Roman nicht in diesem Vortrag. Ohne Vorwissen, wird kaum etwas vom Grauen belgischer Kolonialzeit im Roman transparent und was Kurtz mit dem Stamm, der ihn verehrt alles genau getrieben hat, kann man nur an den Köpfen vor seiner Hütte ermessen sonst bleibt es im Dunkeln. Und die Beziehung von Marlow zu Kurtz, ich dachte erst das Marlow sich hier selbst beschreibt, bleibt für mich unklar. Aber ich bin auch kein Literaturwissenschaftler.
Sehr geehrter Herr Gasser, durch die lebhafte Art, mit der Sie Bücher lesen, ist mir erst aufgefallen, dass ich bis jetzt nur auf die Handlung geachtet habe, mir aber etliche schöne oder auch lustige Passagen vollkommen entgangen sind. Dazu braucht die innere Lesestimme nämlich unbedingt Varianz, bei mir ist sie aber monoton gewesen. Weil mir immer die mit Zetteln gespickten Bücher ins Auge stechen, wollte ich Sie fragen, ob Sie einmal einen Film über Ihre Notizen machen können: was notieren Sie sich, haben Sie ein System, wie verwenden Sie Ihre Notizen etc? Danke!
Interessanter Gedanke, dass den Schriftstellern abstrakte Idee fremd sind. Das würde dann auch erklären, warum sie mit unter mit den Literaturwissenschaftlern über Kreuz liegen: weil diese ja - als Wissenschaftler - auf Generalisierbarkeit aus seien müssen.
Hallo Herr Gasser, vielen Dank für Ihre Videos und für die unermüdliche Leidenschaft, mit der Sie der Literatur begegnen. Ich lese im Moment wieder mit viel Freude verschiedene Romane von Jose Saramago (Zeit ohne Tod, das Todesjahr des Ricardo Reis, Das Evangelium nach Jesus Christus...). Haben Sie schon etwas von Saramago gelesen und könnten Sie sich vorstellen, ein Video über ihn zu machen? :) Viele liebe Grüße!
Ich finde es erstaunlich, dass "Herz der Finsternis" nur, je nach Druck, rund 120 Seiten umfasst. Titel, Genre und Bedeutung des Werkes lässt ja einen längeren Text vermuten.
Lieber Herr Gasser, tolles Video! Welche Übersetzung in welcher Ausgabe würden Sie denn empfehlen? Die älteren Übersetzungen haben wohl ein Nachwort von Thomas Mann, sind dafür aber nicht in der neuesten Übersetzung?
Wie war das möglich, dass ein Mensch, der erst als Erwachsener Englisch gelernt hatte, zu den berühmtesten Schriftsteller in England wurde? Bis Ende seines Lebens sprach er mit einem harten osteuropäischen Akzent.
@@user-db2vx8fd4c Die beiden sind vielleicht nicht ganz zu vergleichen. Nabakov wurde wohl schon als Kind sehr viel Englisch beigebracht. Zitat Wikipedia: "Vladimir Nabokovs Vater war deutlich westlich orientiert, es gab im Hause englische Gouvernanten und Literatur. Schon als Kind sprach Nabokov Französisch und Englisch; er wurde von Privatlehrern unterrichtet, etwa von dem Zeichenlehrer Henry James Cumming." Nabakov lernte wohl schon als Kind besser Englisch als mancher Engländer 😊 Von Conrad heißt es immer, er habe erst mit 20 Englisch gelernt. Allerdings hatte sein Vater u. a. Shakespeare ins Polnische übersetzt... Auch keine alltägliche Tätigkeit mit der englischen Sprache, die da in Josephs unmittelbarer Umgebung stattfand 🤔 Vielleicht hatte Klein-Joseph dabei ja auch den ein oder anderen Fetzen kindlicher Prägung bereits mitbekommen, wenn Papi ihm ab und an seine Arbeit zeigte und bei Joseph konnten sich vielleicht schon Mal ein paar "Englisch-sensible" Synapsenverbidungen knüpfen, an die er dann mit 20 Jahren "anknüpfen" konnte?!😉
Besser kann man show dońt tell nicht erklären. Ich persönlich denke, dass man dem Leser die Bilder ins Hirn nageln muss. Er darf keine Chance haben, sich ein anderes Bild zu kreieren. Wenn der Autor es richtig macht, hechelt der Leser sabbernd durch die Geschichte.
Definitiv das erschütterndste Buch, das ich (zufällig) dieses Jahr gelesen habe! Aber gleichzeitig auch, abgesehen vielleicht von "Der Fremde", das beste.
