Manchmal muss man nicht sprechen, sondern einfach zusehen, staunen, lernen und die Arbeit eines Erfahrenen respektieren. Sowas kennt man heute nicht mehr. Ich selbst habe eine kleine Mühle die ebenfalls mit Transmission läuft. Irgendwann läuft die Arbeit nebenbei. Man ist in seiner Erfahrung so eingefahren das man nicht mehr hinschauen muss um Veränderungen im Produkt zu erkennen. Man hört und vor allem fühlt seine Maschinen und sein Produkt. Eine gewisse Leidenschaft gehört natürlich dazu. Ich kann mich in meiner Mühle getrost mal kurz auf mein Sofa am Walzenboden legen ohne zu sehen was gerade passiert. Die Geräuschkulisse und das Gefühl sind so eingeschärft das man bei Veränderungen sofort richtig reagieren wird obwohl man nicht daneben steht 😊
Wie schön anzusehen, diese schon fast nostalgische Arbeit. Diese Ruhe, die man für ein gleichmäßiges und reproduzierbares Arbeitsergebnis zwingend braucht. Es berührt etwas in uns, wenn wir zusehen. Den permanenten, meist kalten Luftzug an den Beinen, im Gesicht, die kalten Füße, kann man nicht sehen. Den Schleifstaub und den metallischen Geschmack im Mund, das knirsche zwischen den Zähnen, kennt der Zuschauer nicht.. Beim Nassschleifen potenzieren sich die weniger schönen Begleiterscheinungen der Arbeit. Nasse kalte Hände, den ganzen Tag. Die Arbeiter und deren Gesundheit wurden im Akkord zermahlen. Lungenkrankheiten vom Schleifstaub, Rheuma in Händen und Kien. Das permanente sitzen in nach vorne gebückter Haltung geht in den Rücken. Das konzentriere visuelle abtasten jeder Bewegung beim schleifen, das permanente überprüfen des Schliffs, bei selten optimalen Lichtverhältnissen ermüdet die Augen. Dies Arbeit 10 -12 Stunden und mehr am Tag war Schwerstarbeit. Natürlich zieht man aus dieser Arbeit so denn man sie beherrscht eine art Befriedigung. Diese Arbeit hat etwas meditatives. Wenn man eine Wanne mit 500 Scheren-Rohteilen neben sich stehen hat, dann bekommt diese Arbeit den Charakter eines Marathonlaufs. Man versinkt in seinem tun, dem immer gleichen Bewegungsablauf und verliert jedes Zeitgefühl. Unterbrochen wird das ganze nur durch das Klingeln zur Pause und Feierabend..
Das muss wohl so sein, ich könnte mir beim besten Willen nicht vorstellen so einer Arbeit nachzugehen. Dennoch, auf eine besondere Weise, beneide ich Menschen die so eine, vermeintlich, stupide Arbeit mit so einer Hingabe ausüben das man sie irgendwann beinahe blind beherscht und bis zur Perfektion ausübt. Ist ja heute in vielen Berufen das gleiche, man spezialisiert sich halt, wäre mir aber zu eintönig.
Ja, eine Schneiderschere. Was viele nicht wissen, die Scherenarme sind leicht gebogen, so dass nur jeweils der Schneidpunkt Kontakt hat. Ein Präzisionswerkzeug. Heute mit Maschine in Masse hergestellt, früher von Hand.
Bei jeder vernünftigen Schere sind die Blätter so gegeneinander gebogen, dass sie sich nur in einem Punkt berühren. Sonst würde die Schere klemmen. Breite, lange Blätter werden zudem auf der Innenseite leicht hohl geschliffen, damit die Blätter nicht aneinander reiben.
Es wurde früher wenig gesprochen, aber wenn, dann wurde nicht debattiert ! Es wurde mit den Augen geklaut. Es wurde gezeigt, dass die Maschinen mit Wasserkraft angetrieben werden. Also zuerst wurde die Schere auseinander genommen, dann die grobe Schleifscheibe abgezogen. Danach die erste Seite der ✂ vorgeschliffen, danach wird die 2. Seite der Schere vorgeschliffen. Dann die Scherenklinge fein geschliffen, ebenso der Rücken der Schneiden. Es wird meiner Meinung nach eine Polierscheibe montiert und daran die Riefen vom Feinschliff weiter geglättet. Polierscheibe gewechselt, an der neuen Scheibe weiter gearbeitet. Ständig kontrolliert, ob die Schneiden in einem Stück daran sauber gearbeitet wurden. Die Schere wird montiert und ausprobiert.
Hallo Martina, das hast du fast perfekt kommentiert! Vielen Dank! Wer es genau wissen will, der kommt einfach mal vorbei! Immer Freitags - von 12 bis 15 Uhr oder auf "gut Glück", sind sehr oft vor Ort! Liebe Grüße Reinhard Schrage
