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Wolfgang Venohr: Erich Ludendorff. In: Preußische Profile, hg. von Sebastian Haffner und demselben, Königstein 1980.
0:50 "Der Hauptmann rapportiert respektvoll, der Generaloberst sei nicht in seinem Zimmer, aber man werde sofort ... Ludendorff unterbricht ihn barsch mit den Worten: "Sagen Sie ihm, hier spricht DER FELDHERR ..."
5:17 "Der Kaiser spricht schnell und hektisch; er sieht praktisch nur Hindenburg an. Denn den General Ludendorff kann er nicht ausstehen. Dieser grimmig
ernste, schroffe, durch keinerlei Charme oder Verbindlichkeit gemilderte Typus eines preußischen Emporkömmlings [...] geht ihm zeitlebens auf die Nerven. Er kann einfach nicht in die stahlharten, humorlosen Augen des Generals sehen. Aber er braucht ihn"
6:12 "Deshalb nimmt Wilhelm der Zweite zähneknirschend diesen unbequemen Ludendorff in Kauf. Nimmt ihn in Kauf, weil die militärische Lage Deutschlands im August 1916 geradezu verzweifelt ist, weil das Deutsche Reich praktisch am Rande des Zusammenbruchs steht"
8:16 "Doch zunächst einmal krempelt Ludendorff den Ersten Weltkrieg um. Anders kann man es beim besten Willen nicht ausdrücken, denn mit seiner beispiellosen Energie und seinem exorbitanten militärischen Sachverstand verändert er in wenigen Monaten das gesamte Kriegstheater, und zwar zugunsten Deutschlands"
8:33 "1. Liquidiert er sofort, innerhalb von vier Tagen, den sinnlosen, blutigen Kampf um
Verdun, womit er das deutsche Heer von einem Alptraum befreit; 2. hält er, wenn auch mit Geländeverlust, zäh und unnachgiebig die Stellungen an der Somme, bis der westliche Gegner allmählich resigniert und die Offensive nach blutigsten Verlusten einstellt; 3. stützt er erfolgreich die österreichische Heeresgruppe Erzherzog Karl, mit deutschen personellen und materiellen Zuführungen, so daß sich die gesamte Ostfront wieder stabilisiert; 4. schlägt er in einem Blitzfeldzug, mit schnell improvisierten Verbänden, die
Rumänen aus ihrem eigenen Land, womit der »weiche Unterleib« der Mittelmächte nun als geschützt gelten kann"
11:16 "So bot sich der Welt, vor allem den feindlichen Generalstäben, bald das paradoxe Bild, daß ausgerechnet der »eisenharte« Ludendorff, von dem man ein wildes Angreifen und Vorwärtsstürmen erwartet hatte, mit seinen Truppen hübsch in der Deckung blieb und nirgendwo ein militärisches Abenteuer riskierte. Die Deutschen - so muß man sich die Szene vorstellen - standen wie zwei Boxer Rücken an Rücken in der Mitte des Kampfringes, die Fäuste zur Deckung hochgezogen, und ihre Gegner, die sie von allen Seiten umtänzelten, fanden keine Blöße, waren einfach nicht in der Lage, Konterschläge anzubringen"
16:15 "Wenn man sich vor Augen hält, was General Ludendorff bis zum Jahres beginn 1917 in angestrengtester Arbeit bewirkte, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. In knapp 6 Monaten hatte er folgendes vollbracht: 1. den sinnlosen Angriff auf Verdun eingestellt; 2. in einem Blitzfeldzug Rumänien ausgeschaltet; 3. zwei durchlaufende Verteidigungsstellungen hinter der Westfront in Auftrag gegeben; 4. der überanstrengten Truppe durch ein ausgeklügeltes Ablöseverfahren neuen Mut eingeimpft; 5. operative Reserven hinter allen bedrohten Frontabschnitten disloziert und neu bewaffnet; 6. die gründliche Ausbildung aller Truppen in Unterrichtskursen der Armeen veranlaßt; 7. die Aufstellung von Sturmbataillonen verfügt; 8. die Überlegenheit der feindlichen Artillerie gebrochen; 9. die Steigerung der Munitionszufuhr durchgesetzt; 10. die Fliegerkräfte auf das Doppelte vermehrt.
18:22 "Ludendorff ist wohl der einzige General des Ersten Weltkrieges gewesen, der sich nicht aus Zwang oder Notwendigkeit, sondern aus eigenem freiem Entschluß zum Rückzug, zu einer drastischen Frontverkürzung entschloß. Auch das hatte niemand von ihm erwartet!"
21:10 "Die Massen schwärmten von seinen Siegen bei Tannenberg und an den Masurischen Seen (1914), die Experten delektierten sich an seiner eleganten »Rochade nach Thorn« (1914) - aber von dem, was seine wahre militärische Größe ausmachte, von der erfolgreichen Rundumverteidigung Deutschlands von 1916 bis 1918, war kaum die Rede"
22:58 "Eine große, kriegsentscheidende Offensive gegen Briten und Franzosen war nach dreieinhalb Kriegsjahren wieder im Bereich des Möglichen"
29:25 "Deutschland war am 21. März 1918 noch nicht verloren, und Ludendorffs Großangriff war durchaus nicht ohne Chance"
35:16 "Nach den Erfahrungen zweier Weltkriege wird man daran zweifeln dürfen, ob die Angloamerikaner überhaupt durch irgend etwas von ihrem blindwütigen Unterwerfungswillen gegenüber Deutschland abzubringen waren"
46:45 "Er war der perfekte Typus des modernen Industrie- und Wirtschaftsmanagers"
51:58 "So wurde Erich Ludendorff ein Opfer der historischen Fatalitäten deutscher
Geschichte"
14 фев 2024