Skandinavische Klassiker #1: Hunger - Hamsun 

Es freut mich zu hören, dass dir meine Videos gefallen und du sie sogar mehrfach schaust! (Das erinnert mich gerade an den Film „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“ von Andersson, den du ja vielleicht auch kennst. Wie die Personen dort beim Telefonieren häufig mit ganz versteinertem, totunglücklichen Gesicht und mit gequälter Stimme sagen: „Es freut mich zu hören, dass es dir gut geht.“ Sehr komisch) ru-vid.com/video/%D0%B2%D0%B8%D0%B4%D0%B5%D0%BE-2im0iSXmPT0.html Vermutlich bist du aber im Hinblick auf die literarische Begeisterung, Aufnahme und Wiedergabe auch ein besonders gesegneter Mensch. Zumindest halte ich dich für eine der Booktuberinnen mit dem umfassendsten Literaturverständnis und auch der größten Liebe zu den schönen Wörtern. Aber auch mich selbst halte ich natürlich für einigermaßen bewandert und begeistert, klar. Insofern freue ich mich sehr über „Mittäter und Mitwisser“! Schön zu wissen, dass auch diese Bereiche der Literatur noch ihre Liebhaber finden, manchmal scheinen ja gerade die Klassiker eine aussterbende Gattung zu sein, die nur noch als geforderte Schullektüre rasch überflogen und dann halt hilflos hymnisch und hohl behandelt wird. So, genug Sozialkritik und Alliterationen jetzt, darum geht es ja gar nicht ^^ Mit deiner Verwandtschaftsvermutung von Hamsun und Kafka hast du sicher Recht, auch ich erkenne in beiden Autoren diese Verwundung des einzelnen Protagonisten, der gegen alle Widerstände eigentlich nur ein Teil der größeren Gruppe sein möchte, das aber aus unterschiedlichen Gründen nie sein darf (Tangen als armer Autor, den die Zeitungen kaum wollen, Herr K. im Prozess, der gar nicht verstehen kann, was er eigentlich getan hat oder Gregor, der so wenig versteht wie der Leser, whatthehell!, warum er denn jetzt ein Käfer geworden ist!). Ich mag diese Autoren deshalb so gerne, weil sie mit ihren Texten Fragen in mir provozieren, ohne dass sie sie selbst beantworten zu können scheinen. Auch denke ich, dass es Kafka und Hamsun eher um die Fragen als um die Antworten geht. Allzu viel kann ich davon allerdings nicht am Stück lesen, sonst legt sich mir diese existentielle Kälte wie ein nasser Lappen ums Herz und verlangsamt Puls und Lebensfunktionen. Danke für deine weiteren skandinavischen Tipps, die ich im Hinterkopf behalten werde, obwohl ich Dramen lieber ganz klassisch im Theater genieße; „Gespenster“ habe ich letztens hier in Lepzsch gesehen, das hat schon gefetzt (weil das Theater hier generell fetzt!).

@@KainUndAbelBooks Haha, oh nein. „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach“ kenne ich noch gar nicht, dabei mag ich dieses schwarzhumorige, kärgliche und etwas morbide an den skandinavischen Filmen sehr gern. Umso absurder, umso besser. Als ich mit Booktube begann, hätte ich niemals gedacht, dass sich hier Menschen finden ließen, die gern etwas über Klassiker hören oder darüber diskutieren wollen, aber eine handvoll findet man auf jeden Fall. Hätte ich vor 4-5 Jahren schon etwas mehr Klassikerexpertise besessen, hätte ich meinen Kanal womöglich genauso schön beginnen können, wie du deinen, aber immerhin waren russische und deutschsprachige Klassiker von Anfang an mit dabei und darüber bin ich sehr froh. Dein Enthusiasmus und deine Freude an Sprache und Literatur an sich, dringen jedenfalls gut durch die Videos. Das ganze Lobeswort kann ich nach den wenigen Eindrücken deiner bisherigen Videos wohl auch ohne Bedenken zurückgeben. Deinen Charme und deinen Witz hätte ich gern, das gibt der Freude beim Besprechen der Bücher etwas so viel menschlicheres. Komme mir manchmal schrecklich streril und steif vor und unsäglich unzureichend, was das angeht. (Deine Alliterationen sind ansteckend.) Aber vielleicht ist die Eigenwahrnehmung auch allzu kritisch (sowieso). "Tusen takk" also, wie der Norweger sagen würde, tausend Dank. "Zu viel Kafka" hatte ich einst zum Jahreswechsel, da las ich einen kompletten Erzählband und fühlte mich emotional und körperlich etwas überreizt von Kafkas Geschichten. Während ich "Beim Bau der chinesischen Mauer" noch blöd kicherte über das Unvermögen des Menschen, möchte ich jedes Mal, wenn ich an die Stelle der Geigenszene in "Die Verwandlung" komme, beim Satz "War er ein Tier, da ihn Musik so ergriff?" irgendein Wunder tun, das dieses Leid beendet. Man geißelt sich mit Literatur doch reichlich häufig und kehrt doch immer wieder zu ihr zurück. In Berlin scheint "fetziges" Theater nicht immer angesagt zu sein, dafür spielt man hier aber oft Ibsen und ich verpasse es immer. Ibsens "Gespenster" sind aber auch herrlich. Pastoren, die von der Tugend faseln und Frauen zwingen, mit ihren umtriebigen, von der Syphillis völlig schwachsinnig gewordenen Männern weiterhin zusammen zu leben und noch deren uneheliche Kinder großzuziehen. Und wie bewahrt man da den eigenen Sohn vor dem Niedergang? Ibsen und seine Skandale - könnte man auch einen eigenen Roman drüber schreiben. (über seinen Bart im Übrigen auch).

Hey Richard, naja, wenn es einmal läuft, will ich die Motivation ausnutzen. Dank dir für das Kompliment! Ich habe Germanistik studiert, bin aber schon fertig.

Kafka ist übrigens auch mein Hausheiliger. (Was er ja, nach dem Blick auf deinen Kanal, auch für dich zu sein scheint)

@@KainUndAbelBooks Oh, bitte nich auf meinen Kanal gucken, das ist sehr altes, mir heute recht unangenehmes Zeug (hatte ich längst mal runternehmen wollen). Aber in der Tat, die Kafka-Begeisterung hat gehalten, er musste sogar für meine Masterarbeit herhalten. Arbeitest du heute irgendwas im Literaturbetrieb, oder wohin hat dich das Studium geführt? Hunger von Hamsun war für mich damals auch eine sehr eindrückliche Leseerfahrung. Ähnlich wie zumeist bei Kafka erhält man kaum unmittelbaren Einblick in das Seelenleben der Hauptfigur, obwohl es natürlich ein hochpsychologischer Text ist. Dieser Kunst das Innerste einer Figur durchscheinen zu lassen ohne dem Leser allzu viel über diese einfach zu 'sagen', mithin den Deutungsdruck an den Rezipienten weiterzugeben und so zu einer intensiven Lektüre zu zwingen scheinen mir Kafka und Hamsun gleichermaßen mächtig zu sein. Und diese Szene, bei der man für einen kurzen Augenblick nicht weiß, ob die Figur anfängt sich selber zu essen, wird mir wohl auf ewig in Erinnerung bleiben. Noch kurz zu deiner am Anfang des Videos gestellten Frage: Ich persönlich würde eine Reihe zum Thema enttäuschende Klassiker sehr begrüßen. Verstehe zwar deinen Grundsatz, lieber loben als schelten zu wollen, aber dennoch wäre so eine Reihe denke ich recht hilfreich. Es gibt eine so überwältigende Auswahl guter Bücher, da ist es auch mal schön zu erfahren, für welches man sich den Zeitaufwand eventuell sparen könnte. Außerdem gibt es auch einfach Klassiker die schlecht gealtert sind (oder manchen bei denen man sich fragt, ob das Werk nicht eher aufgrund günstiger historischer Bedingungen als aufgrund seiner Qualität bis heute tradiert wurde). Ich glaube Leute, die vielleicht generell etwas weniger lesen und dann den 'falschen' Klassiker in die Hände bekommen, laufen Gefahr, dieses eine Werk als stellvertretend für alles zu nehmen, was so unter Klassiker fällt, was es natürlich unwarscheinlicher macht, dass sie nochmal zu soetwas greifen. Das könntest du ihnen im Idealfall ersparen und sie so für die Lektüre von Texten, die ihre Lust mehr gute Literatur zu konsumieren steigert, gewinnen.

@@richi1235 Das Zeug auf deinem Kanal finde ich gut, bitte nicht löschen oder alternativ zu mir rüberschieben. Beim Tucholsky-Epitaph habe ich sehr gelacht, dein Bild dazu passt auch perfekt - chapeau! Kafka in der Masterarbeit hätte mich persönlich ja halb wahnsinnig gemacht - wie werde ich diesem Idol auch nur annähernd gerecht, wie schaffe ich es, das kafkasche Universum und seinen Stil in meiner Arbeit zu analysieren? Vermutlich hätte ich mich am Ende irgendwie geschämt. Zumindest ging es mir bei Wolfgang Köppen so, den ich in meiner Bachelorarbeit behandelt habe und danach drei Jahre lang im Bücherboard nicht mehr anschauen konnte, ohne ein leicht peinliches Gefühl zu verspüren sowie den steten Drang, mich bei ihm zu entschuldigen. Aber ich hoffe natürlich, die ist deine Masterarbeit psychisch besser bekommen. (Dermaßen gebrannt habe ich dann dort ein Thema gewählt, das mich gar nicht interessiert hat.) Was du über die Fähigkeit der beiden schreibst, den psychischen Gehalt eines Textes häufig wie zwischen den Zeilen hindurchzupressen, sodass der ekelhafte Menschenglibber dem Leser über die buchhalten Finger rinnt, stimmt sicher. Als Teenager habe ich seine kurzen Stücke und seine Tagebücher (die -wie du ja sicher weißt- im Prinzip auch literarische kurze Stücke sind) gesuchtet, habe natürlich ganz wenig verstanden und würde das auch heute noch nicht, aber gleichzeitig hat mir Kafka immer das starke Gefühl vermittelt, dass ich durch die Lektüre seiner Texte das eigentliche Wesen der Welt und den eigentlichen Charakter der Menschen kennenlernen werde. Und das hat mir wahnsinnig gut gefallen. Kafka ist aber, so mein Zwischenfazit, kurz besser als lang. In 5 Jahren wird dann noch mal gelesen und gefühlt. Vielleicht ist er dann doof. Wer weiß. Ich bin übrigens gerade im Referendariat, werde also wahrscheinlich ab dem Winter als Lehrer arbeiten. Meine Ursprungsidee bis weit ins Studium hinein sah aber tatsächlich vor, durchs Romanschreiben meine Brötchen zu verdienen. Tja, als junger Mensch hat man Träume, nicht wahr? Ich hoffe, du bist (auch) in einer guten Arbeit gelandet, ist ja bei unserem Studium nicht immer einfach. Deine Gedanken zu den falschen Klassikern finde ich treffend, besonders der Aspekt der schlechten Alterung mancher Texte scheint mir bedeutend. Ich kann dir gar nicht sagen, wie mich die Lektüre von "Der Fremde" zuletzt verwirrt und richtiggehend in Gewissenskonflikte gestürzt hat. Der Text scheint bei Amazon und auf anderen Seiten noch so gut im Saft und im Herzen der Lesen zu stehen. Auf mich wirkten Geschichte und Sprache altersschwach, zahnlos, kraftlos. Naja, mehr dann in meiner Rezension dazu ^^ Danke jedenfalls für deine ausführlichen Gedanken dazu, echt toll! Das hilft mir sehr. Grüße

@@richi1235 Bindestriche begreift RU-vid als Löschungen - interessant.

Schön, solche Geschichten gefallen mir immer! Als ich in den Buddenbrooks von einem unfähigen Zahn"arzt"schlächter las, bin ich vor Schmerz in einer Couchfalte verschwunden. Die Reihe gibt es schon, dazu kannst du auch unbesorgt Brote essen.

@@KainUndAbelBooks Danke für die kleine Anekdote. :-D Nach Büchners Woyzeck konnte ich eine Zeit lang keine Erbsen anrühren, weil sich mir der Magen umdrehte.

Mir ging es bislang mit den Büchern von Hesse ähnlich, nur habe ich mich bislang doch bis zum Ende durchkämpfen können ^^ Ich habe aber auch nicht alle Werke gelesen. In einem der folgenden Videos werde ich versuchen, deine Frage zu beantworten. Es kann aber noch ein Weilchen dauern, da ich gerade nicht (mehr) im gedanklichen "Hessekosmos" stecke. Grüße

Ich hoffe, dass ich diese Frage in einem meiner nächsten Videos beantworten kann!

ist übrigens von goethe, die weltliteratur als konzept. mein verdacht wäre: wenn literatur als qualität zuvorderst ihre nationale zugehörigkeit auszeichnet, dann hat sie daneben nicht so wahnsinnig viel zu bieten und man versackt in emmanuel-geibel-artigen literaturnationalismen

@agekarlsson1318 Heul leise. Lass mich mal raten. Du hast keine Freunde. Menschen wie du, haben nie Freunde. Wie kann man nur so krass heulen bei dem Video-Titel und sonst nichts anderes postives hinzufügen. Mein Gott

Die "hirnrissige Bezeichnung Weltliteratur" stammt, meines Wissens nach, von Goethe.